Das Problem mit der Sexualität
Heute möchte ich mich einem Thema widmen, das für viele eher unangenehm sein könnte.
______________
Edit Mai 2017:
Ich merke, dass es besser wird. Der selbstbestimmte Umgang mit Sexualität scheint kein Ding der Unmöglihckeit zu sein und ich bin bezüglich der Traumata durch meine Therapie ein wenig gelassener geworden, was meinem Selbstwert einen kleinen Schub gegeben hat. Es ist noch nicht so, wie es sein könnte, aber es ist schön zu sehen, dass die unschönen Gefühle weniger werden und dass ich mich immer mehr an schöne Dinge herantasten kann.
Dennoch ist es ein wichtiges Thema, über das viel zu wenig offen gesprochen wird, besonders in Zusammenhang mit Depressionen und anderen psychischen Krankheiten. Die folgenden Zeilen fallen mir nicht leicht, dennoch möchte ich sie teilen. Für mich selbst und auch dafür, dass vielleicht ein wenig Verständnis geschaffen wird.
Nicht selten macht mich das ständige Gerede über Sex unsicher. Egal, ob sich Freunde oder Bekannte unterhalten, ob wissenschaftliche Texte das Thema behandeln oder irgendwelche Medien. Man kann mich für prüde halten, ja. Momentan bin ich das vielleicht tatsächlich. Und das hat seine Gründe. Missbrauchserfahrungen und ständige Selbstabwertung gepaart mit dem Wunsch danach, endlich ernst genommen zu werden, sind nur ein paar davon.
Das war nicht immer so. Früher war Sexualität eine Selbstverständlichkeit. Viel zu selbstverständlich. Meine Art der Sexualität war meistens selbstschädigend bzw. eine Möglichkeit, die Nacht nicht alleine verbringen zu müssen. So etwas wie "Spaß" stand selten im Vordergrund.
Eigentlich möchte ich darauf hinaus, dass man sich keine Vorwürfe machen muss, wenn es mit der Sexualität mal nicht so läuft. Wer schon mal Depressionen hatte oder durch andere Dinge stark belastet war, der wird wahrscheinlich in dieser Zeit kaum Lust auf Sex gehabt haben. Und das ist völlig in Ordnung. Es is sogar gesund, in solchen schwierigen Zeiten auf uns zu achten und nein zu sagen, wenn es sich nach nein anfühlt. Wobei "Nein" eine Kunst für sich ist, die von vielen erst erlernt werden muss.
Das "Nein" kannte ich lange Zeit nicht. Ich bin häufig an die falschen Partner geraten (vielleicht auch unbewusst absichtlich).
Oder sagen wir mal
Menschen mit fehlendem Verständnis.
Menschen, denen es zu anstrengend war, auf Sex zu verzichten.
Menschen, die die Qualität der Beziehung an der Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs festmachten.
Oder sagen wir mal
Menschen mit fehlendem Verständnis.
Menschen, denen es zu anstrengend war, auf Sex zu verzichten.
Menschen, die die Qualität der Beziehung an der Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs festmachten.
Wenn ich diese ständigen Artikel über Orgasmus-Garantie und den ganzen Quatsch Quatsch lese, kann ich nur müde lachen...
Orgasmus? Haha. Nie gehabt.
Ex-Partner sahen es als persönlichen Ansporn und machten einen Sport daraus. Waren beleidigt, wenn es nicht funktioniert hat. (Also quasi immer...)
Dann wurden andere Argeumente gesucht, warum es denn nicht klappte. Erst schob man es auf die Medikamente (reduzierte Libido und so weiter), nach dem Absetzen der Medikamente blieb dann keine Erklärung mehr und es schien das Ego enorm anzugreifen. Am Ende war ich einfach diejenige, die nicht richtig funktioniert.
Letztendlich aber lag es an dem äußeren Zwang, sexuell funktionieren zu müssen. Mindestens alle zwei Tage, sonst war der Partner gestresst, launisch, unausstehlich. Sex war ein Mittel, den Partner zu beruhigen, aufzuheitern, zu entspannen und so weiter. Mit Vergnügen hatte das selten zu tun.
Was soll ich sagen... Die Beziehungen hielten nicht lange und ich bin mittlerweile sehr froh darüber.
Orgasmus? Haha. Nie gehabt.
Ex-Partner sahen es als persönlichen Ansporn und machten einen Sport daraus. Waren beleidigt, wenn es nicht funktioniert hat. (Also quasi immer...)
Dann wurden andere Argeumente gesucht, warum es denn nicht klappte. Erst schob man es auf die Medikamente (reduzierte Libido und so weiter), nach dem Absetzen der Medikamente blieb dann keine Erklärung mehr und es schien das Ego enorm anzugreifen. Am Ende war ich einfach diejenige, die nicht richtig funktioniert.
Letztendlich aber lag es an dem äußeren Zwang, sexuell funktionieren zu müssen. Mindestens alle zwei Tage, sonst war der Partner gestresst, launisch, unausstehlich. Sex war ein Mittel, den Partner zu beruhigen, aufzuheitern, zu entspannen und so weiter. Mit Vergnügen hatte das selten zu tun.
Was soll ich sagen... Die Beziehungen hielten nicht lange und ich bin mittlerweile sehr froh darüber.
Dann hatte ich eine Beziehung, in der es um mehr ging. Und das war genau so großartig wie ungewohnt. Ich hatte oft ein schlechtes Gewissen, wenn Monate vergingen, ohne dass ich mich anfassen ließ. Aber er nahm es hin und irgendwie hatte ich das erste Mal keine Angst, dass er sich anderweitig amüsieren könnte. Er sah meine Krankheit als das was es ist und machte mir deshalb keine absurden Vorwürfe.
_______________
Und wenn sie wieder akut ist, diese nervige Krankheit, dann empfinde ich bereits bei der Vorstellung von Sex oder nackter Haut ein überwältigendes Ekelgefühl. Dann will ich ganz weit weg sein von allen Dingen, die mich an Sex, an rücksichtslose und brutale Männer erinnern. Dann wird in meinem traumatisierten Kopf selbst der eigene Partner zu einer möglichen Gefahr.
Ich bin dann in einem ganz anderen Modus. Dann möchte ich ehöchstens in den Arm genommen werden. Möchte, dass mir jemand über den Kopf streichelt und mir ein Gefühl von Geborgenheit gibt.
Wenn mir in diesen empfindlichen Momenten aber jemand die Zunge in den Hals stecken oder mich an den Brüsten berühren würde, wäre ich zutiefst irritiert und angeekelt. Wenn nicht sogar retraumatisiert. Deshalb ist es so unheimlich wichtig, in solchen Situationen die nötige Sensibilität aufzubauen und dann An- und Abstand zu bewahren.
Nimm mich in den Arm, aber nicht zu fest. Deck mich zu, aber lass mir noch genug Luft zum Atmen. Gib mir einen Kuss auf die Stirn, sei für mich da. Aber meine Brüste, mein Hintern und mein Mund sind tabu. Rede mit mir, halte mit mir Kontakt, lass mich nicht allein, aber enge mich dabei nicht ein. Und lass mir IMMER einen Ausweg.
_______________
Und wenn sie wieder akut ist, diese nervige Krankheit, dann empfinde ich bereits bei der Vorstellung von Sex oder nackter Haut ein überwältigendes Ekelgefühl. Dann will ich ganz weit weg sein von allen Dingen, die mich an Sex, an rücksichtslose und brutale Männer erinnern. Dann wird in meinem traumatisierten Kopf selbst der eigene Partner zu einer möglichen Gefahr.
Ich bin dann in einem ganz anderen Modus. Dann möchte ich ehöchstens in den Arm genommen werden. Möchte, dass mir jemand über den Kopf streichelt und mir ein Gefühl von Geborgenheit gibt.
Wenn mir in diesen empfindlichen Momenten aber jemand die Zunge in den Hals stecken oder mich an den Brüsten berühren würde, wäre ich zutiefst irritiert und angeekelt. Wenn nicht sogar retraumatisiert. Deshalb ist es so unheimlich wichtig, in solchen Situationen die nötige Sensibilität aufzubauen und dann An- und Abstand zu bewahren.
Nimm mich in den Arm, aber nicht zu fest. Deck mich zu, aber lass mir noch genug Luft zum Atmen. Gib mir einen Kuss auf die Stirn, sei für mich da. Aber meine Brüste, mein Hintern und mein Mund sind tabu. Rede mit mir, halte mit mir Kontakt, lass mich nicht allein, aber enge mich dabei nicht ein. Und lass mir IMMER einen Ausweg.
_________________
Es ist wichtig, dass Partner diese Dinge akzeptieren können. Hierbei geht es nicht nur um so heftige Situationen wie Flashbacks, sondern auch um die kleinen traurigen Momente, in denen man einfach nur Trost sucht und menschliche Wärme und emotionale Nähe unendlich viel wichtiger sind als körperliche Nähe und sexuelle Lust. Es ist nicht immer einfach, die eigenen Bedürfnisse hier voneinander zu unterscheiden. Will ich Sex oder will ich einfach nur Nähe? Habe ich ein gutes Gefühl für mich und weiß, wann ich Sex vielleicht nur instrumentalisiere, um Zuwendung und körperliche Nähe zu erfahren oder nicht allein sein zu müssen?
Ein offenes Gespräch kann hier jede Menge Frustration ersparen. Und vielleicht kann einem der Partner sogar dabei helfen, mehr auf sich zu achten.
____________
Ich habe viel zu lange "sexuell funktioniert". Mehr oder weniger, zumindest habe ich gewähren lassen, um die Beziehung nicht zu gefährden. Wie ungesund das ist, weiß ich inzwischen selber. Aber damals war für mich nichts schlimmer als der Gedanke, allein sein zu müssen.
Ein offenes Gespräch kann hier jede Menge Frustration ersparen. Und vielleicht kann einem der Partner sogar dabei helfen, mehr auf sich zu achten.
____________
Ich habe viel zu lange "sexuell funktioniert". Mehr oder weniger, zumindest habe ich gewähren lassen, um die Beziehung nicht zu gefährden. Wie ungesund das ist, weiß ich inzwischen selber. Aber damals war für mich nichts schlimmer als der Gedanke, allein sein zu müssen.
Vielleicht waren viele schon mal in so einer Situation. Aus Verlustangst mit dem Partner zu schlafen, obwohl man gar nicht möchte.Gewähren lassen und hoffen, dass es schnell vorbei geht, ist ein absolutes NO-GO. Denn so kann eine Retraumatisierung entstehen und man schädigt nicht nur sich selbst sondern auch die Beziehung. Der Partner wird zum Täter, ohne davon zu wissen. Wir bringen unseren Partner in eine unangenehme Situation, obwohl es gar keine Absicht war. Wir wollen keinen Sex, lassen es den Partner aber nicht wissen und bringen ihn damit in Verbindung mit negativen Gefühlen wie Unterdrückung, Ausgenutztwerden, Ohnmacht, Isolation. Diese Gefühle müssen nicht sein. Wir trennen uns innerlich von unserem Partner, wenn wir nicht zu unseren eigenen Bedürfnissen stehen.
Es geht hierbei auch nicht nur um das NEIN vorher, sondern (und vielleicht besonders) um das NEIN während des Aktes. Vielleicht tauchen manchmal unerwartet Bilder auf, die nicht in die Situation gehören. Dann ist Abbrechen besonders wichtig, um das alte Trauma nicht in die aktuelle Beziehung zu lassen.
Es geht hierbei auch nicht nur um das NEIN vorher, sondern (und vielleicht besonders) um das NEIN während des Aktes. Vielleicht tauchen manchmal unerwartet Bilder auf, die nicht in die Situation gehören. Dann ist Abbrechen besonders wichtig, um das alte Trauma nicht in die aktuelle Beziehung zu lassen.
Zum Neinsagen gehört vor Allem Vertrauen. Zuhören, keine Vorwürfe, Empathie und der Wille, zusammen zu leben... Leben im Sinne von PARTNERschaft.
Noch ein Wort zum Schluss.
Ich glaube, es gelingt kaum jemandem, wirklich IMMER in der Sache achtsam zu sein und auf sich aufzupassen. Es muss auch kein Weltuntergang sein, wenn man mal miteinander schläft, ohne richtig bei der Sache zu sein. Das passiert vielleicht in den besten Partnerschaften. Aber wenn Sex anfängt, einen Zweck zu erfüllen oder Ängste zu lindern, anstatt sich aus Zuneigung oder Lust zu entwickeln, dann sollte man vielleicht kurz innehalten und sich ernsthaft fragen: Will ich das gerade wirklich?
Noch ein Wort zum Schluss.
Ich glaube, es gelingt kaum jemandem, wirklich IMMER in der Sache achtsam zu sein und auf sich aufzupassen. Es muss auch kein Weltuntergang sein, wenn man mal miteinander schläft, ohne richtig bei der Sache zu sein. Das passiert vielleicht in den besten Partnerschaften. Aber wenn Sex anfängt, einen Zweck zu erfüllen oder Ängste zu lindern, anstatt sich aus Zuneigung oder Lust zu entwickeln, dann sollte man vielleicht kurz innehalten und sich ernsthaft fragen: Will ich das gerade wirklich?
______________
Edit Mai 2017:
Ich merke, dass es besser wird. Der selbstbestimmte Umgang mit Sexualität scheint kein Ding der Unmöglihckeit zu sein und ich bin bezüglich der Traumata durch meine Therapie ein wenig gelassener geworden, was meinem Selbstwert einen kleinen Schub gegeben hat. Es ist noch nicht so, wie es sein könnte, aber es ist schön zu sehen, dass die unschönen Gefühle weniger werden und dass ich mich immer mehr an schöne Dinge herantasten kann.
Ich danke dir. Ich danke dir für diesen öffentlichen Beitrag. Dass ich ihn gelesen habe, dass er mich aufrüttet, wachrüttelt und zeigt, wie kaputt ich mich alle Zeit damit mache. Dass ich etwas ändern muss. NEIN sagen MUSS. Ich danke dir für diesen Anstoß.
AntwortenLöschen